Der verrückte Klopfer – und die Kommunikation

Der verrückte Klopfer – das Bild im Kopf

Die Psychologie-Doktorandin Elizabeth Newton führte ein originelles Experiment an der Universität Stanford durch. Ihre Versuchsteilnehmer sollten bekannte Melodien mit der Hand auf den Tisch klopfen und ihr Gegenüber sollte das Lied erraten. Von insgesamt 120 Melodien wurden nur drei erkannt – jämmerliche 2,5 %. Vor dem Experiment tippten die ‚Klopfer’ allerdings, dass 50 %, also 60 Melodien, erkannt würden. Warum täuschten sie sich so erheblich? Wenn wir eine Melodie im Ohr haben und auf den Tisch klopfen, hören wir die Musik in unserem Kopf. Wir können uns in dem Moment nicht vorstellen, dass unser Gegenüber diese Musik nicht auch hört. Wenn sich meine Studenten und Seminarteilnehmer gegenseitig Lieder vorklopfen, dann sehe ich oft einen fast schon wütenden Gesichtsausdruck des Klopfers, der immer heftiger auf den Tisch haut, den Kopf dabei verärgert schüttelt und sich einfach nicht vorstellen kann, dass der vermeintliche Dummkopf vor ihm nicht sofort hört, dass es sich hier um „Jingle Bells“ handelt.

Tatsächlich können wir uns kaum vorstellen, dass ein anderer nicht erkennt, was gerade in unserem Kopf vorgeht, dass er nicht das weiß, was wir wissen.

Gute Kommunikation ist nicht selbstverständlich

Sogar Paare, die jahrzehntelang zusammen sind, und daher über viele gemeinsame Erfahrungen, Werte und Erwartungen verfügen, haben immer noch Probleme in ihrer Kommunikation. Umso schwieriger ist Kommunikation zwischen Fremden. In jedem Gespräch, jedem Streit und vor allem in jeder Verhandlung haben wir unsere Vorstellungen und halten es für undenkbar, dass unser Verhandlungspartner diese nicht wahrnimmt. Zugleich können wir nur vage erahnen, was in seinem Kopf vorgeht. Meist aber kommt er uns wie der nervöse Klopfer vor, der auf einen Tisch haut.

Der taoistische Weise Dschuang Dsi spazierte mit seinem Schüler Hui Dsi an einem Fluß entlang. „Wie schön die Fische aus dem Wasser springen, das macht ihnen eine wahre Freude.“ Daraufhin sagte Hui Dsi: „Woher aber wollte Ihr das wissen, Ihr seid doch kein Fisch.“ Dschuang Dsi entgegnete: „Und Ihr seid nicht ich. Woher wollt Ihr wissen, dass ich die Freude der Fische nicht kenne.“

Um den anderen zu verstehen, müssen Sie in seine Welt eintreten – auch dann, wenn sie Ihnen nicht gefällt. Nelson Mandela verbrachte 27 Jahre in Haft, weil er gegen den Apartheidsstaat eintrat. Die Apartheid wurde von den Afrikaanern eingeführt und umgesetzt – den Nachfahren niederländischer Siedler. Kaum in Haft, begann Mandela mit dem Studium von Afrikaans sowie der Kultur und Geschichte der Afrikaaner. Viele seiner Anhänger waren empört, dass er sich derart mit dem Unterdrücker auseinandersetzte. Mandela aber war überzeugt davon, dass Widerstand nur effektiv sein kann, wenn man seinen Gegner kennt. Nun erst verstand er viele Handlungen der Afrikaaner, die er nun aus den Traumata der Burenkriege und den Komplexen gegenüber der englischen Minderheit ableiten konnte. Viele Jahre später führte sein gesteigertes Verständnis für sein Gegenüber dazu, dass er sich mit dem Afrikaaner-Präsidenten Frederik de Klerk den Friedensnobelpreis teilen konnte.

Machen Sie sich stets klar, dass Sie die Melodie des anderen nicht kennen und umgekehrt.

GRATIS: 4 exklusive Live-Mitschnitte des Verhandlungsseminars

10 Fragen an Jack Nasher

10 Fragen an Jack Nasher

Wo wären Sie heute, gäbe es keine Pandemie? Jack Nasher: Ich wäre im Zug und würde von einem Seminar nach Hause fahren. Jetzt bin ich schon zu Hause. Insofern, frei nach Homer Simpson: warum weg? Wir landen ja eh wieder hier. Welchen persönlichen Nutzen konnten Sie...

mehr lesen